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WELCOME PORTRAIT: Thomas Hochkofler

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Aus deinem Buch liest sich, dass du ein sehr perfektionistischer Mensch bist – eine Eigenschaft, die du als Grundvoraussetzung für diesen Beruf erachtest. Wie gelangst du dennoch zu Zufriedenheit?

Die Leute haben oftmals ein verklärtes Bild von unserem Beruf, dass wir nur verrückt sind und wir uns jeden Tag ohne Plan in irgendeine andere künstlerische Richtung treiben lassen. Aber eigentlich ist es meist ein knallhartes Business, das funktionieren muss, wo es Deadlines gibt und man abliefern muss. Ohne Perfektionismus geht es dabei nicht. Gleichzeitig ruhe ich mich auch nicht allzu lange auf meinem „Erfolg“ aus, sondern gehe eher vom einen direkt ins nächste Projekt, ohne mir viele Gedanken darüber zu machen, ob nun alles perfekt gelaufen ist. Man findet bei erneuter Betrachtung doch immer Aspekte, die man anders oder besser hätte machen können. Also fokussiere ich mich weniger auf Lob, Rezensionen oder eigenes Reflektieren, sondern spüre viel eher den Moment, wenn ich auf der Bühne stehe. Als Darsteller oder auch in der Regie merkt man, ob das Publikum sich mitnehmen lässt und ganz in die Welt eintaucht. Dann hat man aus meiner Sicht vieles richtig gemacht und es sind genau diese Augenblicke und das Gefühl, die Zuschauer verzaubert zu haben, die mir ein tiefes Gefühl von Zufriedenheit mitgeben.

Wo liegt aus deiner Sicht der Schlüssel zum Erfolg einer guten Inszenierung?

Ganz ehrlich? Keine Ahnung. Ich bin der Meinung man kann etwas fokussieren und hartnäckig ein Ziel verfolgen, aber man kann nichts erzwingen. Ob es dann letztlich auch so eintrifft, ist eine andere Frage. Im Grunde fängt der Erfolg eines Bühnenstücks oder Films ja schon bei der Besetzung an und damit auch die Herausforderung für die Regie. Ich bin kein Mensch für Castings, dieses hierarchische Caesar-Prinzip habe ich immer schon gehasst und finde es höchstbefremdlich. Das entspricht auch überhaupt nicht den moralischen Werten, die die Gesellschaft aus heutiger Sicht darstellen will, habe ich das Gefühl. Und gerade in unserer Branche ist das eigenartig. In einer Zeit, wo wir uns immer mehr den flachen Hierarchien zuwenden und viel mehr auf Partnerschaft und respektvoller Zusammenarbeit bedacht sind, stellen Castings eigentlich ein gegenteiliges Relikt aus früheren Zeiten dar. Deshalb caste ich auch selbst als Regisseur meine Darsteller nicht. Ich treffe mich mit Leuten und trinke einen Kaffee, schaue da in erster Linie, ob das Zwischenmenschliche funktioniert, lasse mich auf die Person ein und engagiere sie dann. Einige Personen, die ich für die Freilichtspiele Lana engagiert habe, waren dort das erste Mal in ihrem Leben auf der Bühne und es hat bislang immer gut geklappt. Man muss halt auch mutig sein.
Dann kommt noch die Problematik eines genauen Bildes im Kopf hinzu, das bei mir zuweilen als Darsteller und als Regisseur für Schwierigkeiten sorgt. Je genauer das Bild ist, das ich mir von einer Rolle oder einem Drehort gemacht habe, desto unmöglicher wird es, davon abzurücken, aber gleichzeitig auch, es exakt zu treffen. Ich bin kein unfassbar flexibler Mensch, aber lasse mich als Regisseur oftmals dennoch im Moment von den Gegebenheiten inspirieren.
Gleich ist es auch als Darsteller und mit meinem Bauchgefühl. Wenn ich eine Idee habe, wie ich eine Rolle auf die Bühne bringe, dann muss mein Gegenüber in der Regie schon sehr gut argumentieren, um mich davon abzubringen.

Warum siehst du dich selbst nicht als Künstler?

In erster Linie betrachte ich das, was ich mache, nicht als Kunst, sondern als Handwerk. Wir Schauspieler setzen viel Schweiß und Arbeit ein, um unsere Zuschauer zu überzeugen. Es wird stundenlang geprobt und es passiert auch, dass wir über unsere Belastungsgrenzen hinaus arbeiten. Ich mag auch das Gehabe nicht, wenn jemand erklärt, wie besonders diese Kunst ist, die er oder sie da macht. Schafft doch einfach etwas Besonderes, ohne es großartig zu erklären! Das wäre doch viel überzeugender. Aus meiner Sicht ist das, was ich mache, eine genauso mühevolle Tätigkeit wie die eines Bäckers, der mitten in der Nacht aufsteht und versucht, die besten Brote für seine Kunden herzustellen. Und apropos früh aufstehen: Von Künstlern denkt man sowieso, sie würden erst gegen 11 Uhr am Vormittag gemächlich aus dem Bett in eine sinnierende Phase der Kreativität wanken, bevor sie überhaupt Teil der Leistungsgesellschaft werden. Als ich an meinem Film gearbeitet habe, war ich meist sogar schon um 5 Uhr morgens wach. Aber auch bei anderen Projekten bin ich immer früh auf den Beinen und plane, was noch zu erledigen ist, damit alles reibungslos ablaufen kann. Für mich ist also weder der Begriff Kunst, noch die Bezeichnung Künstler das Richtige, um zu beschreiben, was ich jeden Tag mache.

Aus dem Leben gegriffen
Deine größte Stärke?

Ich habe eine Tätigkeit gefunden, für die ich sicherlich ein gewisses Talent habe. Ich schaffe es gut, den Geschmack der Leute zu treffen, und wenn man sich dann noch sehr gut Text merken kann, ohne ihn bewusst zu studieren, dann ist das sicher eine große Stärke.

Und die Schwäche?

Mein Orientierungssinn ist eine komplette Katastrophe. Etwas weiter weg würde ich ohne Navi schon nicht mehr heimfinden. Geografie hat mich auch in der Schule nie wirklich interessiert. Vielleicht bin auch deshalb da geblieben, wo ich mich gut auskenne. Ich brauche es überschaubar, damit ich mich auf das konzentrieren kann, was ich machen muss und will.

Schon mal bei einer Theatervorstellung einfach aufgestanden und gegangen?

Ja, in Berlin. Am Abend zuvor habe ich mir noch eine geniale Vorstellung von drei Schauspielern angesehen und war sehr begeistert. Tags darauf saß ich in einer Aufführung, deren Sinn sich mir überhaupt nicht erschlossen hat. In der Pause traf ich zufällig einen der Darsteller aus der Vorstellung des Vorabends. Ich sprach ihm ein großes Kompliment für die Inszenierung aus und als auch er auf meine Frage zur aktuellen Vorstellung sagte, er würde nun gehen, habe ich das Theater einfach verlassen.

In „Wir sind Thomas Hochkofler … und noch ein Buch, das keiner braucht“ entführt uns Alex Zingerle auf 208 Seiten in die bunte Welt von ebenjenem … Thomas Hochkofler. Zingerles zackiger Schreibstil machen es zu einer schwungvollen Reise, in der die Stimmen von Weggefährten und Freunden die Lektüre abwechslungsreich gestalten und das Leben von Thomas aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Es bedarf allerdings schon einiger Grundkenntnisse in der Südtiroler Kultur- und Politszene, damit einem nicht hie und da eine Pointe abhandenkommt.

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