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Eine Schlucht, tausend Facetten

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Tosende Wasserfälle, rauschende Wildbäche und ein Alpenpanorama, das fesselt und befreit zugleich. Zerklüftete Felsen, von der Natur geformt, und mittendrin Skulpturen, von Menschenhand geschaffen. Auf Erkundungstour in der Plimaschlucht.

Das Martelltal im Vinschgau ist eines der ursprünglichsten Täler Südtirols und liegt mitten im Stilfserjoch Nationalpark. Als eines der größten Naturschutzgebiete Europas ist es das Zuhause einer einzigartigen Flora und Fauna. Die über 3700 m hohen vergletscherten Gipfel der Ortler-Cevedale-Gruppe ragen hier in den Himmel. Gleichzeitig geht es ganz schön weit nach unten. Vier kunstvoll gestaltete Stahlinszenierungen entlang des Plima-Schluchtenweges machen es möglich. Die Plimaschlucht – eine Felsformation, die tiefe Einblicke und eindrucksvolle Ausblicke gewährt.

Die Kelle

Am Eingang des Schluchtenweges ist das rege Treiben der Stadt nur noch eine blasse Erinnerung. Singvögel flattern durch die Luft und fliegen trällernd von Ast zu Ast. Die Sonne ist an diesem herrlichen Sommertag besonders warm. Und es duftet so schön nach Holz und frischem Gras. Gleich zu Beginn führt ein schmaler einfacher Weg, der sich entlang eines Weihers schlängelt, in den Wald hinein. Schritt für Schritt wird es steiniger. Der Pfad mündet aber dann doch in eine weiche Wiese. Über einen kleinen Holzsteg passiere ich ein sanft plätscherndes Bächlein. Noch ein paar Meter durch den schattigen Wald und plötzlich stehe ich vor steil abfallenden Stufen. Dichte Äste trüben zunächst die Sicht, doch dann sehe ich sie: die „Kelle“. Eine Skulptur aus Stahl, geformt wie ein gigantischer Löffel, der tief in die Schlucht eindringt, als wollte sie Wasser daraus schöpfen. Grüne Nadelbäume, knorrige Wurzeln und schroffe Felsen, wohin ich auch blicke. Teils mit Moos bewachsen, sodass das Kantige doch noch irgendwie weich wirkt. Dazwischen schießt der Gebirgsbach hervor und sprüht feine Wassertröpfchen in die Luft. Wie erfrischend!

Die Sichel

Auf der „Sichel“-Plattform eröffnet sich Ihnen ein großartiges Panorama.

Ein schmaler Holzpfad bahnt sich seinen Weg durch das strahlende Grün einer Wiese. Zehn Minuten und ich stehe auf der „Sichel“ – einer halbkreisförmigen Plattform über der Schlucht, die dicht an der steinigen Kante entlangführt. Direkt unter mir geht es zig Meter in die Tiefe. Der Blick wandert vom schwindelerregenden Abgrund hinauf zur waldigen Hügellandschaft. Es ist laut, aber das Getöse des Plimabachs hat doch etwas Beruhigendes an sich. Eine sonnige Holzbank lädt dazu ein, eine kleine Pause einzulegen und die entspannte Atmosphäre noch einen Moment auf sich wirken zu lassen.

Die Kanzel

Dem Himmel so nah – die Kanzel macht es möglich.

Weicher Waldboden und flache Steinplatten, dann ein paar Stufen. Links und rechts von mir hohe schattenspendende Bäume. In den Ästen turnen Eichhörnchen um die Wette. Hier und dort schimmern Sonnenstrahlen durch die Wipfel. Nach 15 Minuten sieht man sie bereits aus der Ferne, wie sie erhaben Richtung Himmel ragt: die „Kanzel“. Die imposante Stahlkonstruktion wurde als ganzes Stück mit dem Hubschrauber hierher transportiert und anschließend felsenfest verankert. An der Aussichtsplattform angekommen, kann der Blick über die darunterliegende Schlucht und das Martelltal fliegen. Ein Gefühl, als würde man schweben.

Die Hängebrücke

Die Zufallhütte: nicht nur eine hervorragende Einkehrmöglichkeit, sondern auch Ausgangspunkt für viele weitere Bergtouren.

Schon von weitem ist ein Tosen zu hören. Es wird lauter und lauter. Bis man schließlich vor einem mächtigen Wasserfall steht, der sich mit Naturgewalt seinen Weg durch die Schlucht gräbt. Das Wasser prescht nur so an mir vorbei und spritzt mir Gischt ins Gesicht. Natur hautnah. Gleich dahinter glitzert etwas metallisch in der Sonne. Es ist eine spektakuläre Hängebrücke. Sie überspannt die tief eingeschnittene Schlucht und ermöglicht es, von einer Kante zur anderen zu gehen, direkt über den wilden Plimabach und die scharfen Felsen. Aber keine Panik: Auch wenn sie etwas wackelt, sie ist durchaus stabil. Leichten Schrittes überbrücke ich die letzten Meter, vor mir die Zufallhütte (2264 m).

Etwas weiter in der Ferne thront die Marteller Hütte. Hier oben auf 2585 m Höhe ist der Panoramablick auf das Martelltal und den Zufrittsee – ein Stausee, der wie ein türkisfarbener Farbklecks zwischen all den dunkelgrünen Wäldern hervorsticht – einfach wunderbar. Kaum zu glauben, dass dieser Ort so viele verschiedene Ein- und Ausblicke gewährt. Die Natur hier im Martelltal hat eben ganz viele Gesichter.

Ausgangspunkt
Parkplatz Enzian in Hintermartell
Gehzeit der Rundwanderung
knapp 2 h
Gehzeit
6 KM
Höchster Punkt
2264 m (Zufallhütte)
Für Familien geeignet
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